Projektmanagement: Der Weg zum Einser-Abschluss
Mit dem Programm "Talent Take Off – Durchstarten" fördert die Fraunhofer Gesellschaft junge Studierende der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) im 1. – 3. Semester in ihrer Studien- und Berufskarriere.
In diesem Rahmen trainierte Sven Aden am 25.9.19 in Karlsruhe ein Gruppe hochmotivierter Talente.
„Projektmanagement ist ein bisschen wie Höhlenforschung“, sagt Kursleiter Sven Aden. „Man weiß: Irgendwo ist der Schatz, den man heben will. Man startet mit kleiner Stirnlampe und stößt auf Hindernisse, etwa einen Fluss oder eine Sackgasse. Dann muss man sich Lösungen überlegen, wie man trotzdem weiterkommt.“ Acht Teilnehmer*innen sitzen in seinem Workshop und wollen lernen, wie man komplexe Aufgaben stemmt.
Um alle Projektphasen anschaulich durchspielen zu können, werden erst mal Beispiele gesucht. Kathi, die in wenigen Wochen ins erste Semester Wirtschaftsingenieurwesen am KIT in Karlsruhe einsteigen wird, würde gerne ihr Studium als Projekt anlegen. Schnell finden sich drei Gleichgesinnte und schon steht das Mini-Team „Bachelor“ mit Kathi als Fallgeberin und den anderen als Berater*innen, die Fragen stellen und gut zuhören sollen.
Wie sieht das Ziel konkret aus?
Ihre erste Aufgabe lautet: Formuliere dein Projekt-Ziel SMART (das ist ein Akronym und steht für Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch und Terminiert). Team Bachelor formuliert es so: „In sieben Semestern ist mein Bachelor mit 1,x abgeschlossen.“
Jetzt gibt es erst mal einen Theorieblock über verschiedene Projektstrukturpläne, die alle nötigen Aufgabenpakete abbilden sollen. Da wäre zum einen eine klassische Gliederung oder ein Flussdiagramm. Man kann aber auch ein Mindmap anlegen oder ein Organigramm. Manche Projekte lassen sich gut über Konstruktionspläne abbilden. Sven Aden zeigt ein paar Beispiele und schickt seine Teilnehmer*innen dann gleich wieder an die Arbeit. Nach kurzer Diskussion erstellt das Team Bachelor ein Mindmap.
Wichtige Meilensteine definieren
„So ein Projektstrukturplan ist lebendig“, sagt Sven Aden, „der wird im Verlauf des Projekts immer weiter verfeinert.“ Vorerst sollen wichtige Zwischenziele formuliert werden. Team Bachelor merkt schnell, dass das gar nicht so einfach ist. „Ich bin informiert über Module“ und „ich habe meinen Stundenplan“ findet Sven Aden zu klein. Am Ende stehen immerhin diese Punkte auf der Meilenstein-Liste:
- Ich habe mich in meinen Modulen eingeschrieben
- Ich bin in den Debattierclub eingetreten
- Ich habe mein Bachelorarbeits-Thema bei Siemens in Singapur (da möchte Kathi unbedingt hin!)
Wer muss mit ins Boot geholt werden?
Nächster Punkt auf der Agenda ist die Stakeholder Analyse. Wer ist in irgendeiner Form an dem Projekt beteiligt? Wen brauchen wir zur Unterstützung? Wer profitiert vom Ergebnis? Und für wen sind Durchführung und Ergebnis mit Kosten verbunden? Team Bachelor sammelt erst mal. Da wäre natürlich zunächst Kathi selbst, ihre künftigen Kommilitonen und die Lerngruppe, ihre Freunde, Familie, Dozenten, Tutoren, Fraunhofer, interessante Unternehmen wie die TUI, Stipendiengeber, die Johanniter … und natürlich Siemens Singapur.
Ganz schön viel. Um sich nicht zu verzetteln, sortiert Kathi ihre Stakeholder nach deren Einflussmöglichkeiten. Da wird schnell klar, dass es nicht die ganze Familie ist, sondern in erster Linie die Eltern – und die müssen nicht weiter überzeugt werden. Aber Siemens Singapur sollte begreifen, warum Kathis Bachelorarbeit eine echte Bereicherung wäre. „Betrachtet das Projekt durch die Augen der anderen“, rät Sven Aden, „dann könnt ihr die passenden Maßnahmen entwickeln.“ Also was will Siemens Singapur? „Eine Studentin mit schneller Auffassungsgabe, die ihnen spannende Ergebnisse liefert und möglichst hinterher als engagierte Mitarbeiterin einsteigt“, fasst das Team zusammen. Dann sammelt es Belege für diese Eigenschaften und hält fest: Kathi muss in der Bewerbung unbedingt schon ihr Interesse an einer späteren Festanstellung zum Ausdruck bringen.
Der Maßnahmenplan
Jetzt ist es Zeit, konkretere Aufgabenpakete zu schnüren, also Bündel von Aufgaben, die in einem überschaubaren Zeitraum erledigt werden können. Für ihren ersten Meilenstein „Ich habe mich in allen Modulen eingeschrieben“ notiert Kathi unter anderem:
- Module recherchieren
- Infos einholen
- evtl. Fachschaft besuchen
- Stundenplan zusammenstellen
- …
Dazu notiert sie jeweils, wer sie dabei unterstützen könnte, wann sie damit starten und wann sie mit dem Paket fertig sein will, welche Ressourcen sie dafür noch benötigt, was noch schiefgehen könnte und – ganz wichtig: Was genau bedeutet für sie eigentlich „fertig“? Im Zusammenhang mit dem Stundenplan könnte das etwa heißen, dass noch mal jemand mit Erfahrung draufgeschaut hat, ob sie auch alle Eventualitäten bedacht hat.
Klassisches oder agiles Projektmanagement?
So geht es weiter durch den Tag. Die Teilnehmer*innen lernen, wie man das Projekt weiter steuert. Aber auch, wie man sowohl Stärken und Schwächen, als auch Chancen und Risiken im Projekt über eine SWOT-Analyse ermittelt. Und wie man ein Projekt sauber abschließt, um möglichst viel daraus zu lernen – inklusive einer ordentlichen Team-Party. Daneben erfahren sie, was klassisches vom agilen Projektmanagement unterscheidet – und dass viele mit einer Mischform arbeiten.
„Respekt, wie viel Info in diesem Tag steckte“, sagt Kathi am Abend. „Für mich ist es wirklich toll, wie viel Konkretes ich hier mitnehme für mein Studium.“ War die Reise durch die Welt des Projektmanagements nun wirklich wie Höhlenforschung? Noch ist der Schatz bzw. der Bachelor natürlich nicht gehoben. Aber Sven Adens Bild passt ganz gut. „Im Lauf der Zeit lernt man sein Projekt immer besser kennen und lernt ganz viel dabei. Dann fallen einem auch immer wieder neue Ideen ein, was man noch machen könnte.“
In 2020 gibt es die nächste Auflage des "Fraunhofer Talent Take Off – Durchstarten".
Text: Ines Bruckschen / Fraunhofer-Gesellschaft